Montag, 30. April 2007

Scheisskinder

Da sitze ich im IC im Raucherabteil. Willkommen im Lungenzug - dort sind nämlich noch die letzten Plätze frei. Einige Plätze weiter sitzt eine Scheissmutter mit ihrem Scheisskind, das ziemlich frequent auf einen Lachsack draufhaut. Der Lachsack quäkt in schrecklichem 1-Bit-Sound erst mal: Gnihihihihih. Gnihihi. I love you. I love you. Daraufhin erklingt ein grauenhafter Kinderlied-Ohrwurm, die Noten sollen hier in der Folge nicht notiert werden, manch einer wäre versucht, letztere nachzusingen und sich damit irreversibel zu traumatisieren.
Nach dem ca. neunten Mal beginnt die Lachsack-Endlosschleife auch offensichtlich einige Fahrgäste zu irritieren, kundgetan wird dies ganz unterschiedlich. Aeltere Frauen bedienen sich meist gereckten Kopfes und demonstrativer Bibliothekarinnen-Blicke über die Brille (wer hat da schon wieder im Lesesaal laut gesprochen?). Bei jüngeren Generationen rollen sich eher die Augen, oder hier und da wird mal ein Kopf geschüttelt oder sich ignorant ein Ipod-Stöpsel ins Ohr gesteckt.
Der Ohrwurm ist durch, und es geht wieder von vorne los: Gnihihihi. Gnihihihi. Keiner traut sich. Da rufe ich doch mal frech in den Wagen: "Nächster Song, bitte!". Plötzliches Raunen. Der Mann daneben sagt: Wie sich das wohl anhört, wenn man's gegen die Wand klatscht? -- Hmm. Den Lachsack oder das Kind? Meine binäre Logik vergass den Tri-State, nämlich die Mutter.

Gnihihihi. Gnihihihi. I love you! Irgendwie scheint die Erziehungsverantwortliche die Signale nicht zu verstehen. Bis sich einige Reihen weiter ein genervter Lesender auf die Reise begibt und die Frau höflich bittet, die Lärmbelästigung doch zugunsten der Rücksicht auf andere.... - "Sagen Sie das meinem Kind". Nach dem letzten Satz der Verzweiflung "Ja verstehen Sie das denn nicht?" zieht der Mann mit dem Buch ab. In der Zwischenzeit habe ich mir schon eine Performance überlegt ("Ja wissen Sie, wenn ich meine Ausraster habe, tue ich ganz schlimme Dinge und erinnere mich nachher nicht mehr dran"). Für solche Fälle hat man natürlich immer eine Brausetablette dabei, denn aus dem Mund triefender Schaum wirkt katalytisch bis authentifizierend. Manchmal ergeben sich dadurch Missverständnisse, wenn das aktuelle ODB (Glossar siehe unten) neugierig alle möglichen Hohlräume durchsucht: (süffisantes Grinsen) "Eieiei, was hast du denn DAMIT vor?" - "Das ist kein Kondom, das ist eine Brausetablette".

Nun, ODB ist eine gängige Abkürzung für Objekt Der Begierde. Komplizierte Kausalitätsvernetzungen haben zur Folge, dass diese zu Müttern werden können, insofern man wirklich nicht NUR eine Brausetablette dabeihaben sollte, aber das gehört eigentlich nicht hierhin.

Der Lachsack ist inzwischen still geworden. Schade eigentlich, ich hätte gerne noch gehört, wie es klingt, wenn man es gegen die Wand klatscht. Aeh, ich meine: ihn.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Ich musste eben vom Kindergarten nebenan einen Sprechchor ertragen. Es tönte mir mehrfach ein "Pulizei... Pulizei" entgegen. Ja genau. Pulizei, nicht Polizei. Wächst da eine neue Generation PISA-Freaks heran? Wir werden sehen..
Ich diesem Sinne... naffnaff!